Hochheimer Markt damals

Ein Blick in die Vergangenheit

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Bekanntmachung zum Hochheimer Markt 1879 © aus: Hochheimer Markt - Die Geschichte eines 500 jährigen Heimatfestes aufgezeichnet von Joachim Dittmann

Im Jahr 1484 erteilte Kaiser Friedrich Hochheim am Main das Privileg zwei Märkte im Jahr abzuhalten, von denen sich der Herbstmarkt - heute Hochheimer Markt genannt - bis heute erhalten hat. Gesetzlich verpflichtet musste damals jeder Hochheimer Bürger bei der Gestaltung des Marktes helfen. Für den Aufbau der Hütten und Bänke hatte die bäuerliche Bevölkerung zu sorgen. Der Schmied brannte neue Ellen, der Schultheiss (Richter der niederen Gerichtsbarkeit) sorgte für benötigte Kannen und Gefässe, während die Büttel (Flur-, Wald- oder Weinbergshüter sowie Amts- oder Gerichtsboten) mit langen Spießen für Ruhe und Ordnung sorgten. Besonders angesehene Bürger agierten als Mehlverwieger und kontrollierten die Verzehrgeschäfte. Weitere Bürger zogen mit Trommeln und Trompeten von Ort zu Ort, um laut kund zu tun, dass bald Markt ist.

Hier wurde seit den Zeiten unsrer Alten
bis heuer alle Jahr ein großer Markt gehalten,
Das, denkt ihr alle insgemein,
Kann anders nichts, als Hochheim sein!
Auszug Marktgedicht um 1800, aus Hochheimer Markt - Die Geschichte eines 500 jährigen Heimtfestes aufgez. v. Joachim Dittmann
Hochheimer Marktpostkarte von ca. 1810. © aus Hochheimer Markt - Die Geschichte eines 500 jährigen Heimatfestes ausgezeichnet von Joachim Dittmann

Zu Beginn wurden die Märkte im damaligen Zentrum der Gemeinde, dem heutigen "Am Plan" oder dem Platz neben dem "Alten Rathaus", abgehalten. Aus nah und fern fuhren Bauern u. a. mit Vieh, Flachs, Tabak und Gemüse zum Hochheimer Markt - Tuchhändler aus Sachsen, Weber und Goldschmiede aus dem norddeutschen Raum oder Geschirrhändler aus dem Vogtland. Mit Ihnen kamen die Käufer und Interessenten, die dabei auch gerne manche zeitbedingte Unbequemlichkeit in Kauf nahmen.

Das Mainzer Domkapitel entzog Hochheim jedoch zu Beginn des 16. Jahrhunderts wieder das Marktrecht - denn die Hochheimer nutzen die Märkte für ausgiebige Zechgelage und hatten sich somit des kaiserlichen Vetrauens nicht als würdig erwiesen.

Im Jahr 1576 erhielt Hochheim zwar wieder das Marktrecht zurück, doch der 30 jährige Krieg (1618 bis 1648) verhinderte erneut die Abhaltung des Marktes. Im Jahr 1650 fand der Markt zwar wieder statt, doch waren die Schrecken des Krieges noch nicht überwunden. So kam es erst im Jahre 1653 wieder zur Abhaltung eines grösseren Marktes.

Hier Zuckerbäcker, Spengler, Krämer,
Spinnräder dort und Bauern, Pferdezähmer,
Hier schenkt man Gelbrübenbrühe ein,
Dort gibts Kastanien und neuen Wein;
Von einer Menge "Langenwarenläden",
Wozu die Bratwürst auch gehören, nicht zu reden.
Auszug Marktgedicht um 1800, aus Hochheimer Markt - Die Geschichte eines 500 jährigen Heimtfestes aufgez. v. Joachim Dittmann
Hochheimer Marktstatistik 1920 bis 1942 © aus: Hochheimer Markt - Die Geschichte eines 500 jährigen Heimatfestes aufgezeichnet von Joachim Dittmann

Bereits im 18. Jahrhundert wurde der Markt vom Plan auf jährlich wechselnde Felder außerhalbs Hochheims verlegt. Jeweils ein Jahr vorher erhielten die betreffenden Landwirte Mitteilung, dass auf den benötigten Äckern nichts angebaut werden durfte. 

Zu Anfang des 20. Jahrhunderts hat sich der Hochheimer Markt vollkommen etabliert. Die Beschickung des Marktes mit Pferden und Rindern erreichte im Jahr 1899 mit fast 1100 Pferden eine nie erreichte Auftriebszahl. Im Jahr 1901 ist ein kinematografisches Theater aufgebaut. Im Jahre 1905 waren 7 Fotografengeschäfte und 4 Zirkusse erschienen. 1906 wird ein Dampf- sowie ein Unterwasserkarussell aufgebaut, ein Wachsfigurenkabinett zieht im nächsten Jahr die Besucher in seinen Bahn.

1914 beeinflusste der Beginn des ersten Weltkrieges wie auch die Maul- und Klauenseuche den Betrieb des Marktes, denn Musik, Karussells und Schaubuden wurden verboten. 1915 wird der Markt auf das heutige Festgelände "Am Weiher" verlegt, da das wertvolle Ackerland in Kriegszeiten dringend für den Nahrungsanbau gebraucht wurde.

Pferdehandel auf dem Hochheimer Markt Viehmarkt ca. 1948. © Bildberichterstatter Paul Hans Petri

In den 1920ern und 30ern wurde der Frühlingsmarkt aufleben lassen. Es fanden also wieder zwei Märkte im Jahr statt - bis zum Jahr 1939. Der Herbstmarkt verlor zunehmend an Attraktivität - denn auch dieser blieb nicht von der NS-Ideologie verschont. Jüdische Händler sowie Sinti- und Roma waren auf dem Markt nicht mehr zugelassen. Kriegsbedingt fiel der Markt 1943 bis 1944 sogar ganz aus. Der erste Jahr Markt nach Kriegsende fand am 5. und 6. November 1945 in sehr bescheidener Ausführung statt  - mit Bretterbuden, "Muckefuck", etwas Essbarem und Büchsenwerfen.

Einladung zum Hochheimer Marktball 1950. © Hochheimer Markt - Die Geschichte eines 500 jährigen Heimatfestes aufgezeichnet von Joachim Dittmann

Seit 1945 ging es mit dem Hochheimer Markt stetig aufwärts. 1947 wurde erstmals landwirtschaftliche Maschinen- und Geräte ausgestellt, 1953 das Messezelt das erste Mal aufgebaut. 

Bis heute hat sich der Hochheimer Markt seine Atmosphäre, sein Flair erhalten - die Mischung aus Kram- und Viehmarkt, Volksfest, Messe und Jahrmarkt existiert in dieser Form deutschlandweit kein zweites Mal.

Landwirtschaftsgeräteschau auf dem Hochheimer Markt ca. 1957. © Archiv Foto Hirchenhein

Textquelle: Hochheimer Markt - Die Geschichte eines 500 jährigen Heimatfestes aufgezeichnet von Joachim Dittmann